Mekons in Bad Saulgau

Die Europa-Tournee führt in die großen Städte: London, Berlin, Kopenhagen, Wien, Frankfurt. Und natürlich auch nach Bad Saulgau.? Denn Bad Saulgau hat, was z.B. London nicht hat: ein Thermalbad. Am 14. April spielen die Mekons mal wieder im Franziskaner, und sie werden sich nachmittags erst einmal in der Therme aalen.

Von Dieter Kleibauer

Die Mekons also. Alt gewordene Punks, die das Baden in warmen Fluten schätzen, man wird halt nicht jünger. 1977 im englischen Leeds gegründet, hat es sie seitdem mit einer kurzen Unterbrechung anfangs der 80er-Jahre immer gegeben, erst mit? kargen Gitarre/Bass/Schlagzeug-Riffs zu sägendem Gesang, Punk eben, mittlerweile countryfiziert, folky mit Akkordeon und Geige, mit Reggae-Einflüssen, klassischen Songs, auch Balladen und Hymnen, doch auch immer noch mit Rückgriffen auf die lauten und rauen Ursprünge – wie etwa in „Lawrence of California” von ihrer neuen CD „Deserted”, die Ende März zur Tour erscheinen soll.

Wenn die Mekons – benannt nach einer englischen Comicfigur – zu ihren seltenen Konzerten aufbrechen, ist eine umfangreiche Logistik? vonnöten. Die acht Bandmitglieder leben über die ganze Welt verstreut, in Großbritannien, in New York und Chicago, in San Francisco und sogar in Sibirien, wo Saz-Spieler Lu Edmonds (Saz ist ein türkisches Saiteninstrument) teilweise lebt.

In Europa waren sie zuletzt 2011, auch damals spielte die Band im Saulgauer Franziskaner, und Gitarrist Jon Langford, neben ?Tom Greenhalgh (Gitarre) von der 77er-Urformation übrig geblieben, beschrieb damals einen perfekten Tag so: In Bad Saulgau schlafen, Bratwurst essen, ins Thermalbad gehen, Dunkelbier im Franziskaner trinken, wieder schlafen gehen.

Das lange Schlafen ist Langfords Ding eigentlich nicht – er ist einer der umtriebigsten Protagonisten? der? Chicagoer Kunstszene: spielt in zahllosen weiteren Bands, zeichnet Comics, malt, gestaltet Albumcover, schreibt, produziert andere Musiker, nebenbei ist er Familienvater. Andere Mitglieder haben mittlerweile bürgerliche Brotberufe. Violinistin Susie Honeyman ist Galeristin, Lu Edmonds produziert Weltmusik und spielt mit Billy Bragg oder PIL, – leben kann von der chronisch erfolglosen Band keiner. CD-Aufnahmen oder Tourneen mit den Mekons haben mittlerweile eher Urlaubscharakter – und so spielt man eben auch lieber in Bad Saulgau als in, sagen wir mal, Paris. „Join us in the mineralwasser!” postet die Band bereits vorab auf Facebook. Nachmittags Wellness, abends abrocken.? Trinkfreudig ist die Band wie eh und je.

Wenn die Gruppe vollständig unterwegs ist, wird’s im Franziskaner eng – dann stehen acht Leute auf der Bühne. ?Konzerte mit den Mekons sind mehr als rein musikalische Events. Zum Konzept gehört das „Banter”, der englische Begriff? für Wortgeplänkel – zwischen den Songs plaudern Jon Langford und Sally Timms ausgiebig über Gott, die Welt, die Band, andere Musiker und vermutlich in diesem Jahr über den Brexit, dem sie schon auf ihrer bislang letzten CD „Existentialism” eine herzzerreißende Hymne gewidmet haben, „Beer & Fear”.

Denn eins waren die Mekons immer – politisch, und zwar dezidiert links. Ihr? Neustart? nach der Pause anfangs der 80er-Jahre war eine Reaktion auf die furchtbaren Thatcher-Jahre; ihre ersten Konzerte damals waren Benefizgigs für streikende Bergleute, und? wo ihre Gegner stehen, wissen sie auch heute noch sehr genau.? Den Gesetzen der Branche haben sie sich immer? verweigert und lieber Erfolglosigkeit in Kauf genommen, als ihre Seele an Konzerne zu verkaufen. Hauptsache unabhängig, um jeden Preis. Und dann ist es auch völlig klar, warum eine Band Paris links liegen lässt und lieber nach Bad Saulgau kommt.?

Mehr auf Twitter und Facebook sowie auf www.mekons.com und www.mekons-blog.de

Ihre jüngste CD haben die Mekons im ?Joshua-Tree-Nationalpark in Kalifornien aufgenommen, wo Bassist Dave Trumfio lebt.? 1979 spielte übrigens eine damals ?unbekannte Band im Vorprogramm der Mekons, die zu jener Zeit schon einen kleinen Hit hatten. Die Mekons lachten noch über den merkwürdigen Sänger, der sich vor der Show demonstrativ fit machte und wichtig tat, während sie ein Pint Bier tranken. Die Band hieß U2.

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